Neuigkeiten rund um Esperanto
Franzosen und Deutsche lernen gemeinsam Esperanto in den Vogesen |
Die Gunst der geografischen Nähe zueinander nutzen die Esperantosprecher Südwestdeutschlands und der Region Alsace-Lorraine alljährlich zweimal zu einem sprachgrenzüberschreitenden Lerntreffen.
Das Esperantotreffen in Le Vic fand an diesem Wochenende mitten im Narzissenfrühling der Süd-Vogesen statt. Das Themenspektrum war breit: Japans Tsunamikatastrophe; Albaniens heute freies, aber einst wie in Nordkorea abgeriegeltes Leben; ein Kleinbetrieb in den Vogesen, in dem Bonbons hergestellt werden, unter anderem aus dem Saft von Fichtentrieben; das Sammeln essbarer Frühjahrswildkräuter zum Zubereiten schmackhafter Partyhäppchen; ein hinreißendes Konzert mit einem blinden Sänger. Der zu einem so bunten Themenkatalog nötige Esperanto-Wortschatz war entsprechend vielfältig.
Herzliche Freundschaften sind durch die regelmäßigen Treffen entstanden, und klar, dass Freunde sich gerne wiedersehen. Ein großes Hallo, als Inge aus Aalen ihre Freundin Liliane aus Frankreich umarmt. Dass es jedoch so leicht ist den praktischen Schritt zu machen ins angewandte Esperanto, das überraschte Irma aus Weil im Schönbuch aber nun doch. Bisher hatte sie fast nur im heimischen Stuttgarter Klub ihre Sprachkenntnisse angewandt. Weil frisch gewagt halb gewonnen ist, probierte sie es mutig, und der Erfolg gab ihr recht: Esperanto mit Nicht-Deutschen zu reden macht richtig Spaß.
Zum Erwerb von Sprechfertigkeit gab es einen eigenen Kurs. Edmond Ludwig aus dem Elsaß ist ausgewiesener Fachmann darin, seine Kursteilnehmer zum kreativen Sprechen zu führen durch Wiedergeben von Bildergeschichten und kurzen Erzählungen. Auch der Leiter des Anfängerkurses, Laurent Philippe aus Troyes, benützte äußerst sparsamen Erklärungen auf Französisch, sondern unterrichtete in direkter Methode, die bei Teilnehmern verschiedener Muttersprachen von Vorteil ist.
In ihren Sprachseminaren sind Esperantosprecher gewohnt, gleichsam in der Zweitsprache zu baden. Das „Esperantoland“ erlebt man eben bei solchen kleinen internationalen Treffen ebenso wie bei den großen Veranstaltungen. Denn auf Esperanto werden nicht nur die Vorträge gehalten und Inhalte diskutiert, auch die alltäglichen Dinge besprechen die Teilnehmer in der gemeinsamen Sprache. Weil Zuneigung und Freundschaften im Spiel sind, wird Esperanto ganz selbstverständlich auch zur Sprache herzlicher Gefühle.
Klar, dass Makiko aus Yokohama auch die Jogaübung vor dem Frühstück auf Esperanto anleitete. Ihre Freundin Keiko half ihr aus, wenn Makiko ein Wort fehlte. Auch muss ihre japanische Zunge noch ein bisschen die Aussprache üben: Als Teilnehmer der Entspannungsübung musste ich einmal bei der Anweisung Makikos nicht schlecht staunen, dass ich jetzt das „Herz“ (koro) nach rechts drehen solle, bis mir klar wurde, dass in Wirklichkeit der „Hals“ (kolo) gemeint war.
Zwar hörte man in den zwei Tagen in den Südvogesen auch dann und wann Sätze auf Russisch, Französisch, Deutsch, Holländisch oder Japanisch, aber in dieser sprachübergreifenden Gemeinschaft war die Umgangssprache eindeutig Esperanto.
Zuletzt geändert am am 09-04-2011, 19:35